DiePresse.com

DiePresse.com | Bildung | Hochschule | Artikel DruckenArtikel drucken


Das Problem mit Frauen in Top-Jobs

05.06.2008 | 18:21 | ERICH WITZMANN (Die Presse)

Akademie der Bildenden Künste. Clémentine Deniss will nach der amtlich beschiedenen Diskriminierung ihrer Person weiterhin Rektorin am Schillerplatz werden.

Die Presse: Wie war Ihre Reaktion zum Gutachten der Bundes-Gleichbehandlungskommission, demzufolge Sie Rektorin der Akademie der bildenden Künste hätten werden sollen: War es Freude, Genugtuung?
Clémentine Deliss: Natürlich bin ich sehr glücklich, dass diese Entscheidung getroffen worden ist. Ich habe ja kaum geglaubt, dass ich nach der Wahl des Senats mit seinem extremen Ergebnis (Deliss erhielt 17 Stimmen, der amtierende Rektor Schmidt-Wulffen 11, Anm.) nicht noch einmal vom Uni-Rat zu einem Gespräch eingeladen worden bin und nur ein E-Mail vom Herrn Kahane, dem Vorsitzenden des Uni-Rats, bekommen habe und sonst nichts. Ich empfand das einfach als Travesty, wie wir auf Englisch sagen („Farce“).

Was ist Ihrer Ansicht nach bei der Rektorswahl schief gelaufen?
Deliss: Die Beziehung zwischen dem Senat und dem Uni-Rat. Bei seiner ersten Wahl 2003 wurde Schmidt-Wulffen gewählt, weil er im Senat eine Stimme mehr gehabt hat, so das Argument. Und im vorigen Jahr galten die Stimmen, die ich hatte, absolut nicht. Schmidt-Wulffen hatte nicht einmal eine Mehrheit im Senat. Und zweitens hat der Uni-Rat zwischen der Ausschreibung des Rektorsposten und der Wahl die Kriterien – Kontinuität und Implementierung des Entwicklungsplans – verändert. Natürlich hab' ich den Entwicklungsplan angeschaut, aber man kann nicht jemanden, der den Entwicklungsplan nicht verfasst hat, vorwerfen, hier Kontinuität zu leisten.

Eine geballte Kritik an die Adresse des Uni-Rats.
Deliss: Was ich auch unverschämt finde: Als ich beim Hearing so viel Erfolg gehabt habe, haben sie den Senat unter Druck gesetzt, dass es keine Dreierreihung, sondern nur die Bekanntgabe der Stimmenanzahl gibt. Das finde ich extrem. Und wie wichtig sind Hearings? Bei diesen kamen nur drei der sieben Mitglieder des Uni-Rats. Damit konnten jene, die nicht beim Hearing waren, unter Druck gesetzt werden.



„Mich würde interessieren, was jetzt die Studierenden denken.“

Werden Sie jetzt eine Entschädigung verlangen?
Deliss: Ja, es gibt einen Schadenersatz. Das ist sehr merkwürdig, ich bin nicht eine Angestellte Österreichs, ich bin in Schottland angestellt. Ich verstehe nicht ganz, wie der Staat damit umgehen wird. Das soll mit 5000 oder 6000 Euro erledigt sein, weil das mit einem mittelmäßigen Beamtengehalt abgerechnet wird. Wir sind in Europa, und dieser Fall wirft extrem viele Fragen auf. Es geht nicht um Klagen, ich klage nicht, das ist in einer Zeitung schlecht berichtet worden. Es geht um die Frage des Schadenersatzes und darum, was jetzt geschieht

Reizt Sie das Rektorat der Akademie der bildenden Künste noch?
Deliss: Mein Großvater war Emeritus-Professor an der Bildenden. Ich habe selber mein Kunststudium an der Angewandten in Wien gemacht und Völkerkunde an der Universität studiert. Meine Erfahrung innerhalb der Gegenwartskunst, meine Kunstheimat kommt aus Österreich, in Wien. Natürlich interessiert mich die Akademie, ja. Wie es weitergeht, kann ich nicht abschätzen.

Sie haben in ganz Europa gearbeitet, ist Österreich eigentlich ein Sonderfall bei der Missachtung von Frauen für höhere Positionen?
Deliss: Eine schwierige Frage. Die Akademie der bildenden Künste hat einen besonderen Platz in der Kulturpolitik von Österreich. In London gibt es z.B, viel mehr Kunsthochschulen, da hat eine Rektorenstelle nicht die Bedeutung, die in Wien gegeben ist, wenn zum ersten Mal eine Frau Rektorin der Akademie der bildenden Künste wird. Frauen in höheren Positionen kann nicht nur ein österreichisches Problem sein. Ich glaube aber, dass die institutionelle Landschaft in Europa wirklich schon anders ist. Ich bin nicht alleine in der Sache, es gab ähnliche Fälle an der Bodenkultur-Universität und jetzt an der Donau-Uni Krems.

Was müsste jetzt in Ihrem Fall geschehen?
Deliss: Mich würde interessieren, was die Studierenden jetzt denken. Ich habe im Vorjahr bei der Wahl ihre Stimmen bekommen. Ich fände es wichtig, dass die Akademie mehr auf die Studierenden achtet. Es scheint aber viel von Top down zu kommen.


© DiePresse.com